Bestand 68010 Bürgerbücher

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Im Mittelalter musste jeder, der in der Stadt ansässig werden und hier zum Beispiel ein Gewerbe ausüben wollte, das Bürgerrecht erwerben. Dafür musste der Antragsteller beim Rat in der Regel einen Geburtsbrief vorlegen und eine Gebühr bezahlen. Abschließend verpflichtete sich der Antragsteller durch die Ablegung des Bürgereids, die Rechte und Pflichten eines Bürgers wahrzunehmen.

Für das 17. und 18. Jahrhundert sind die Bürgerrechtseinträge über die Ratsprotokolle (Bestand 62100) und über die Kämmereibücher (Bestand 62300) nachzuvollziehen.

Das 1832 erlassene Gesetz über die „Allgemeine Städteordnung“ verpflichtete die Städte zur Führung sogenannter Bürgerrollen. In diese waren die Bürger einzutragen. In Bautzen ist die Bürgerrolle schon deutlich eher eingeführt worden: Der erste überlieferte Band umfasst die Jahre von 1757 bis 1859 (Signatur 68010-22). Während das Buch für die ersten Jahre in der Regel nur den Namen, die Herkunft und den ausgeübten Beruf auflistet, finden sich ab ca. 1830 auch Angaben zum Grundbesitz. Dieser war, neben der eigenen Mündigkeit, dem christliche Glauben, einem gesicherten Einkommen und einem Wohnsitz in der Stadt, eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Erlangung des Bürgerrechts.

Während die meisten der Antragsteller eine Gebühr von fünf Reichstalern für die Erteilung des Bürgerscheins entrichten mussten, erhielten Angestellte im staatlichen (und damit auch städtischen) Dienste sowie Militärangehörige, Geistliche und Lehrer das Bürgerrecht gratis. Keinen Anspruch auf Erteilung des Bürgerrechts hatten Personen, „deren Erwerbszweig in einer gemeinen, eine kunst- oder handwerksmäßige Kenntniß nicht erfordernde Lohnarbeit, wie z.B. der Tagelöhner, Holzhacker, Lastträger, Aufwärter, und dergleichen besteht..."[1]. Sofern diese aber ein gesichertes Einkommen und einen guten Leumund nachweisen konnten, bestand auch für sie die Möglichkeit, das Bürgerrecht auf Antrag zu erhalten.

Nachfolger der Bürgerrolle von 1757 bis 1859 ist die Bürgerrolle von 1860 bis 1895 (Signatur 68010-15). Beide Bände verfügen über ein Namenregister, über das die gesuchte Person im Buch zielgerichtet ausfindig gemacht werden kann. 1896 wurde vom Stadtrat eine neue Bürgerrolle (Signatur 68010-4) angelegt, die rückwirkend ab 1831 noch einmal die Bürger auflistet, allerdings nun ergänzt um das Datum des Wegzuges oder um das Sterbedatum der eingetragenen Person. Diese Bürgerrolle wurde bis zum Juni 1923 geführt.

Etwas außerhalb dieser Reihe stehend, aber dennoch sehr aufschlussreich ist eine Bürgerrolle, die zwischen 1759 und 1868 (Signatur 68010-14) die Gewerbetreibenden der Stadt erfasst und neben dem Todesdatum auch die Aufgabe des Bürgerrechts  u. a. wegen Wegzug vermerkt. Sozialgeschichtlich interessant sind zudem Randbemerkungen, die angeben, welchen Weg der Lebenslauf der Person im Alter nahm. Man erfährt zum Beispiel, ob die Person Almosenempfänger war oder im Hospital lebte.

Die Bürgerrollen bilden die Kernüberlieferung des Bestandes „68010 Bürgerbücher“. Ergänzend gehören zum Bestand außerdem diverse andere Übersichten und Nachschlagewerke, die weiterführende Informationen zu den Einwohnern oder den Grundstücken Bautzens enthalten. Besonders zu erwähnen ist dabei ein 1861 erstelltes Buch mit dem Namen „Tabellarischer Auszug aus dem Brandversicherungskataster respektive dem Brand- und Hypothekenbuch und der Bürgerrolle der Stadt Budißin“ (Signatur 68010-1). Dieses Verzeichnis listet über die Brandkatasternummer die städtischen Grundstücke in der Innenstadt und der Vorstadt auf und gibt jeweils den Namen des Inhabers, den Stand seines Gewerbes, die Nutzungsart des Gebäudes sowie den Tag der Erteilung des Bürgerrechts an. Durch einen zusätzlichen Eintrag der Straßennamen neben der Brandkatasternummer ist die geographische Lage der Grundstücke gut zuzuordnen.

Für den Nachweis von Wegzügen aus Bautzen zwischen 1840 – 1874 ist das „Kataster über die  Bürgerrechtsaufhaltungsgebühr“(Signatur 68010-34)  ein wichtiges Hilfsmittel. Anhand dieses Bandes kann man sehr gut die Wanderbewegungen aus der Stadt für das 19. Jahrhundert nachvollziehen. Umzüge wurden dabei sowohl in die damals noch selbständige Seidau, als auch in weiter entfernte Orte vermerkt.

Sobald alle Voraussetzungen für die Erlangung des Bürgerrechts erfüllt waren, musste der Antragsteller noch den Bürgereid ablegen und erhielt dann eine Bestätigung, sogenannte Bürgerverpflichtungen, die ihn als Bürger auswies. Solche Verpflichtungen sind beispielhaft in für das Jahr 1849 in der Archivalie mit der Signatur 6810-16 überliefert.

Der Bestand „68010 Bürgerbücher“ hat besonders für die genealogische Forschung bezüglich Bautzener Vorfahren eine hohe Relevanz. So geriet er in das Blickfeld von Willy Mendel, der in den 1920er Jahren im Rahmen der damaligen sogenannten „Sippenkunde“ umfangreiche Untersuchungen durchführte. Dabei entstanden zahlreiche Karteien, Listen und Aufstellungen, die dem Bestand beigefügt wurden und als Nachschlagewerk dienen können.

Digitalisate einzelner Bürgerrollen und weiterer Archivalien aus dem Bestand „68010 Bürgerbücher“ stehen der Forschung auf dem Portal findbuch.net bereits online zur Verfügung:

https://www.archivverbund-bautzen.findbuch.net/php/main.php#3638303130

 


[1] Gesetz die Publikation und Einführung der allgemeinen Städte-Ordnung betreffend, erlassen am 2. Februar 1832, § 53 Personen, die in der Regel als nicht befähigt anzusehen, veröffentlicht in Sammlung der Gesetze und Verordnungen für das Königreich Sachsen vom Jahre 1832, 3. Stück, Nr. 4

Im Mittelalter musste jeder, der in der Stadt ansässig werden und hier zum Beispiel ein Gewerbe ausüben wollte, das Bürgerrecht erwerben. Dafür musste der Antragsteller beim Rat in der Regel einen Geburtsbrief vorlegen und eine Gebühr bezahlen. Abschließend verpflichtete sich der Antragsteller durch die Ablegung des Bürgereids, die Rechte und Pflichten eines Bürgers wahrzunehmen.

Für das 17. und 18. Jahrhundert sind die Bürgerrechtseinträge über die Ratsprotokolle (Bestand 62100) und über die Kämmereibücher (Bestand 62300) nachzuvollziehen.

Das 1832 erlassene Gesetz über die „Allgemeine Städteordnung“ verpflichtete die Städte zur Führung sogenannter Bürgerrollen. In diese waren die Bürger einzutragen. In Bautzen ist die Bürgerrolle schon deutlich eher eingeführt worden: Der erste überlieferte Band umfasst die Jahre von 1757 bis 1859 (Signatur 68010-22). Während das Buch für die ersten Jahre in der Regel nur den Namen, die Herkunft und den ausgeübten Beruf auflistet, finden sich ab ca. 1830 auch Angaben zum Grundbesitz. Dieser war, neben der eigenen Mündigkeit, dem christliche Glauben, einem gesicherten Einkommen und einem Wohnsitz in der Stadt, eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Erlangung des Bürgerrechts.

Während die meisten der Antragsteller eine Gebühr von fünf Reichstalern für die Erteilung des Bürgerscheins entrichten mussten, erhielten Angestellte im staatlichen (und damit auch städtischen) Dienste sowie Militärangehörige, Geistliche und Lehrer das Bürgerrecht gratis. Keinen Anspruch auf Erteilung des Bürgerrechts hatten Personen, „deren Erwerbszweig in einer gemeinen, eine kunst- oder handwerksmäßige Kenntniß nicht erfordernde Lohnarbeit, wie z.B. der Tagelöhner, Holzhacker, Lastträger, Aufwärter, und dergleichen besteht..."[1]. Sofern diese aber ein gesichertes Einkommen und einen guten Leumund nachweisen konnten, bestand auch für sie die Möglichkeit, das Bürgerrecht auf Antrag zu erhalten.

Nachfolger der Bürgerrolle von 1757 bis 1859 ist die Bürgerrolle von 1860 bis 1895 (Signatur 68010-15). Beide Bände verfügen über ein Namenregister, über das die gesuchte Person im Buch zielgerichtet ausfindig gemacht werden kann. 1896 wurde vom Stadtrat eine neue Bürgerrolle (Signatur 68010-4) angelegt, die rückwirkend ab 1831 noch einmal die Bürger auflistet, allerdings nun ergänzt um das Datum des Wegzuges oder um das Sterbedatum der eingetragenen Person. Diese Bürgerrolle wurde bis zum Juni 1923 geführt.

Etwas außerhalb dieser Reihe stehend, aber dennoch sehr aufschlussreich ist eine Bürgerrolle, die zwischen 1759 und 1868 (Signatur 68010-14) die Gewerbetreibenden der Stadt erfasst und neben dem Todesdatum auch die Aufgabe des Bürgerrechts  u. a. wegen Wegzug vermerkt. Sozialgeschichtlich interessant sind zudem Randbemerkungen, die angeben, welchen Weg der Lebenslauf der Person im Alter nahm. Man erfährt zum Beispiel, ob die Person Almosenempfänger war oder im Hospital lebte.

Die Bürgerrollen bilden die Kernüberlieferung des Bestandes „68010 Bürgerbücher“. Ergänzend gehören zum Bestand außerdem diverse andere Übersichten und Nachschlagewerke, die weiterführende Informationen zu den Einwohnern oder den Grundstücken Bautzens enthalten. Besonders zu erwähnen ist dabei ein 1861 erstelltes Buch mit dem Namen „Tabellarischer Auszug aus dem Brandversicherungskataster respektive dem Brand- und Hypothekenbuch und der Bürgerrolle der Stadt Budißin“ (Signatur 68010-1). Dieses Verzeichnis listet über die Brandkatasternummer die städtischen Grundstücke in der Innenstadt und der Vorstadt auf und gibt jeweils den Namen des Inhabers, den Stand seines Gewerbes, die Nutzungsart des Gebäudes sowie den Tag der Erteilung des Bürgerrechts an. Durch einen zusätzlichen Eintrag der Straßennamen neben der Brandkatasternummer ist die geographische Lage der Grundstücke gut zuzuordnen.

Für den Nachweis von Wegzügen aus Bautzen zwischen 1840 – 1874 ist das „Kataster über die  Bürgerrechtsaufhaltungsgebühr“(Signatur 68010-34)  ein wichtiges Hilfsmittel. Anhand dieses Bandes kann man sehr gut die Wanderbewegungen aus der Stadt für das 19. Jahrhundert nachvollziehen. Umzüge wurden dabei sowohl in die damals noch selbständige Seidau, als auch in weiter entfernte Orte vermerkt.

Sobald alle Voraussetzungen für die Erlangung des Bürgerrechts erfüllt waren, musste der Antragsteller noch den Bürgereid ablegen und erhielt dann eine Bestätigung, sogenannte Bürgerverpflichtungen, die ihn als Bürger auswies. Solche Verpflichtungen sind beispielhaft in für das Jahr 1849 in der Archivalie mit der Signatur 6810-16 überliefert.

Der Bestand „68010 Bürgerbücher“ hat besonders für die genealogische Forschung bezüglich Bautzener Vorfahren eine hohe Relevanz. So geriet er in das Blickfeld von Willy Mendel, der in den 1920er Jahren im Rahmen der damaligen sogenannten „Sippenkunde“ umfangreiche Untersuchungen durchführte. Dabei entstanden zahlreiche Karteien, Listen und Aufstellungen, die dem Bestand beigefügt wurden und als Nachschlagewerk dienen können.

Digitalisate einzelner Bürgerrollen und weiterer Archivalien aus dem Bestand „68010 Bürgerbücher“ stehen der Forschung auf dem Portal findbuch.net bereits online zur Verfügung:

https://www.archivverbund-bautzen.findbuch.net/php/main.php#3638303130

 


[1] Gesetz die Publikation und Einführung der allgemeinen Städte-Ordnung betreffend, erlassen am 2. Februar 1832, § 53 Personen, die in der Regel als nicht befähigt anzusehen, veröffentlicht in Sammlung der Gesetze und Verordnungen für das Königreich Sachsen vom Jahre 1832, 3. Stück, Nr. 4

Bürgerrolle (68010-4) mit der Auflistung von Bürgern und Ehrenbürgern der Jahre 1831 bis 1923.

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