Erneut Fördermittel für Digitalisierung bewilligt

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Große Freude herrschte kürzlich erneut beim Archivverbund Bautzen, als der Bewilligungsbescheid für die Digitalisierung des Bestandes 62102 einging. Dieser Bestand umfasst die Unterlagen der Stadtverordnetenversammlung zwischen 1832 und 1945. Es handelt sich insbesondere um die Protokollbände, die Inhalte der einzelnen Sitzungen wiedergeben, die Registranden mit den Beschlüssen, um Beiakten und um die Wählerverzeichnisse. Zum Bestand gehören außerdem die Unterlagen der sogenannten „Kommunrepräsentanten“, die bis zur Einsetzung der Stadtverordnetenversammlung agierten. Die jetzt mögliche Digitalisierung schließt die Lücke zwischen den von 1623 bis 1832 vorhandenen Protokollen des „alten städtischen Rates“ (mittels Handschriftentexterkennung einsehbar unter www.archivverbund-bautzen.de/recherche) und den nach 1945 bereits digital vorhandenen Protokollen der Stadtverordnetenversammlung (einsehbar unter www.archivverbund-bautzen.findbuch.net/php/main.php). Nach Abschluss der Digitalisierung können auch die Protokolle der Stadtverordnetenversammlung aus der Zeit zwischen 1932 und 1945 online eingesehen werden. Die Förderung erfolgt über das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanzierte Programm „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von Neustart Kultur“.

Zur Entwicklung der kommunalen Selbstverfassung nach 1832

Im Ergebnis der Verabschiedung der Verfassung für das Königreich Sachsen 1830 wurde die kommunale Selbstverwaltung mittels der im Februar 1832 erlassenen Städteordnung neu geregelt. An die Stelle des bisherigen Stadtrates, der aus einem festen Kreis vermögender Bürger bestand, trat als Vertretung der Bürgerschaft ein von ihr gewählter Bürgerausschuss mit 36 Mitgliedern. Bereits im Dezember 1830 hatte die sächsische Regierung die Wahl provisorischer Kommunrepräsentanten angeordnet, die in Bautzen aber bereits seit 1818 tätig waren. Der dann 1832 gewählte Bürgerausschuss bestand aus diesen 18 Kommunrepräsentanten sowie weiteren 18 aus der Bürgerschaft gewählten Männern. Aus seiner Mitte wurde der neue Stadtrat gewählt, der sich aus einem Bürgermeister, drei Juristen, zwei besoldeten und auf Lebenszeit gewählten Stadträten, sowie vier unbesoldeten und auf Zeit gewählten Ratsmitgliedern zusammensetzte. Die Vereidigung des neuen Stadtrates, an dessen Spitze als erster gewählter Bürgermeister Ernst Friedrich Hartz stand, fand am 12. Juni 1832 statt. Einige Neuerungen in der Organisation brachte die revidierte Städteordnung vom April 1873, die auch den Bürgerausschuss abschaffte. Übrig blieben die Stadtverordnetenversammlung als Kontrollorgan des Stadtrates und dieser als ausführendes Organ. Die Sächsische Gemeindeordnung von 1923 bestätigte die Bezeichnungen Stadt, Stadtrat und Stadtverordnete und unterstellte die Stadt Bautzen direkt der Kreishauptmannschaft. Damit stand Bautzen als kreisfreie Stadt gleichrangig neben den Landkreisen. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 brachte den Niedergang der kommunalen Selbstverwaltung. Die am 30. Januar 1935 erlassene Deutsche Gemeindeordnung schaffte die kommunale Selbstverwaltung praktisch ab. Im Sinne des „Führerprinzips“ stand an der Spitze der Gemeinde nun ein vom Staat ernannter Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister.  Einen gewählten Rat als Vertretung der Bürgerschaft gab es nicht mehr. Mit der Demokratischen Gemeindeverfassung von 1946 wurden die vor 1933 bestehenden Formen der kommunalen Selbstverwaltung wieder eingeführt.

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