Kürzlich erhielt das Stadtarchiv eine durch Geschosssplitter schwer beschädigte Archivalie zurück, die zuvor von einem externen Dienstleister restauriert worden war. Es handelt sich dabei um den ersten Band der per Gesetz zum 1. Januar 1835 eingeführten „Gewerbe- und Personalsteuer“. Diese Steuer löste die separat zu zahlende Gewerbesteuer und die Personensteuer ab.
Der Band umfasst alle steuerpflichtigen Personen aus der inneren Stadt im Zeitraum von Januar bis Dezember 1835. Geordnet nach Katasternummern der Häuser sind die Bewohner, ihre Berufe und die von ihnen zu zahlende Personal- und Gewerbesteuer erfasst. Gewerbesteuerpflichtig war „Jede Person, ohne Unterschied des Geschlechts, welches eines oder mehre … Gewerbe selbständig treibt“. Im Anhang des Gesetzes sind die steuerpflichtigen Gewerbe und die jeweilige Steuerhöhe aufgeführt. Die Liste reicht von sog. Agenten (zu denen auch die Geschäftsführer ausländischer Handelshäuser u.a. gehören), über Blasebalgmacher, „Clavierstimmer“, Drahtzieher, Essigbrauer, Fischer, Gipsfigurenmacher, Holzuhrmacher, Instrumentenmacher, Juweliere, Kammmacher, Leistenschneider, Mützenmacher, Nadler, Orgelbauer, Pflastersetzer, Regen- und Sonnenschirmmacher, Schlauchmacher, Tapezierer, Uhrgehäusemacher, Vergolder, Windenmacher bis zum Zwirnmacher. In den Anmerkungen findet man in der Regel die nach §38 vorkommenden Befreiungsgründe zur Zahlung der Steuer, z.B. für „Studenten, Schüler, Lehrlinge und unverheiratete Frauenzimmer im Hause ihrer Aeltern oder Verwandten“. Das Verzeichnis ist somit hinsichtlich der Personenrecherche ein Vorläufer der ab 1868 gedruckt vorliegenden Einwohnerverzeichnisse und daher besonders für die Familien-, aber auch für die Sozialgeschichte unserer Stadt sehr bedeutsam.
Auf Grund schwerer Schädigungen durch ein Geschoß unbekannter Herkunft, das sich quer durch den Band gebohrt hatte, war das Amtsbuch bis jetzt nicht benutzbar. (Blick in den Band vor der Restaurierung.)
Im Zuge der kürzlich abgeschlossenen Restaurierung durch die Firma Zimelion wurden die Geschosssplitter entfernt und die Risse in den Seiten repariert. Das erfolgte mittels vorsichtig aufgebrachtem Japanpapier und über die sog. Anfaserung zur Ergänzung von Fehlstellen. Außerdem wurde der Einband abgenommen, trocken gereinigt und restauriert. Der Band steht der Benutzung ab sofort wieder zur Verfügung und kann während der Öffnungszeiten im Lesesaal des Archivverbundes eingesehen werden. (Blick in den Band nach der Restaurierung.)
Perspektivisch ist auch eine Digitalisierung und Onlinestellung im Internet geplant. Diese wird im Zuge der Onlinestellung des gesamten Bestandes erfolgen, die aber nicht vor 2024 realisiert werden kann.