Die noch heutzutage geläufige Bezeichnung „Kämmerer“ für den Leiter bzw. die Leiterin der städtischen Finanzverwaltung geht ursprünglich auf das mittellateinische Wort camerarius für den Vorsteher der fürstlichen (Schatz-)Kammer zurück (Eintrag im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm). In Bautzen taucht der Begriff zwar erst Anfang des 15. Jahrhunderts in den Quellen auf, jedoch dürfte der hiesige Stadtrat spätestens zwischen 1296 und 1303, nachdem sich die mittelalterliche Ratsverfassung vollends ausgebildet hatte, einen oder mehrere Ratsherren mit der Verwaltung der kommunalen Finanzen betraut haben. Aus dem späten Mittelalter haben sich indessen ausschließlich Steuerbücher (vgl. Best. 62500 Ältere Kopf- und Vermögenssteuern) und einzelne Spezialrechnungen erhalten, anhand derer sich der Gesamthaushalt der Stadt nur schwerlich rekonstruieren lässt.
Demgegenüber liegt im Stadtarchiv Bautzen für das beginnende 17. Jahrhundert bis zum Jahre 1873 eine äußerst umfangreiche Buchserie von knapp 250 Bänden vor, die jahrgangsweise für beinahe den gesamten Zeitraum sämtliche Einnahmen und Ausgaben der städtischen Kämmerei dokumentieren. Neben den zu erwartenden Einkünften aus Steuern, Zöllen und Gebühren finden sich etwa auch solche, die aus den Ratsdörfern und -gütern, der Verpachtung von Mühlen oder dem Marktverkehr herrühren. Unter den Ausgaben dominieren Bauausgaben, wie etwa für den Unterhalt der Straßen, Brücken und Türme, die Besoldung der Ratsbediensteten und die Verwaltung der Kirchen, Stiftungen und Hospitäler; außerdem mussten aufgenommene Schulden bedient werden. Ein exemplarischer Blick in das Kämmereibuch von 1772 (PDF) offenbart 90 Einnahmepositionen in einer Gesamthöhe von 12.890 Talern, denen 182 Ausgabepositionen von insgesamt 12.580 Talern gegenüberstehen; ein Überschuss von immerhin 310 Talern.
Bislang wurde die Benutzung dieser zentralen Quellen jedoch aufgrund der zum Teil starken Verschmutzungen und der ungenügenden Verpackung erheblich erschwert. Das Gewicht der in der Regel mit mehreren Bänden gefüllten Kartons in Übergröße betrug regelmäßig mehr als 12 Kilogramm.
Durch finanzielle Mittel der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) konnte dieser Missstand behoben und eine fachgerechte Verpackung samt Trockenreinigung realisiert werden. Mittels maßangefertigter Archivkartons, die aufklappbar sind und die unterschiedliche Dicke der einzelnen Bände berücksichtigen, können die Rechnungsbücher nunmehr den Nutzerinnen und Nutzern des Archivverbunds um ein vielfaches komfortabler zugänglich gemacht werden.
In einem zweiten Schritt soll in diesem Jahr – ebenfalls mit Unterstützung der KEK – der weit umfangreichere Bestand mit den Kämmerei b e l e g e n gereinigt und neu verpackt werden, die in Verbindung mit den Kämmereibüchern noch umfassendere und detailliertere Einblicke in die Bautzener Stadtgeschichte gewähren.