Online recherchierbare Daten für das Stadtarchiv aktualisiert

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Am Beginn eines jeden Jahres steht in öffentlichen Archiven die Aufgabe an, bislang gesperrte Akten, deren Schutzfristen zum Jahresende abgelaufen sind, für die Benutzung freizugeben.
Schutzfristen dienen dazu, das Spannungsverhältnis zwischen der Wissenschaftsfreiheit in Verbindung mit der Informationsfreiheit auf der einen Seite und dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes und der Funktionsfähigkeit des Staates auf der anderen Seite auszugleichen. Die Länge der anzuwendenden Schutzfristen für die sächsischen Archive sind im Archivgesetz für den Freistaat Sachsen und davon abgeleitet in der Archivsatzung der Stadt Bautzen festgelegt.

Grundsätzlich gilt für alle Unterlagen aus der Verwaltung – sofern sie nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind – eine allgemeine Schutzfrist von 30 Jahren. Durch diese sollen verwaltungs- und interne Entscheidungsprozesse und die dahinterstehenden Personen geschützt werden. Die Schutzfrist beginnt mit dem Schließen der Akte nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung.
Das bedeutet, dass zum Beginn des Jahres 2024 Akten benutzt werden können, die bis Ende 1993 geschlossen worden sind.

Damit werden zunehmend Unterlagen für jedermann zugänglich, die den Verwaltungsaufbau und die Herausforderungen nach der Friedlichen Revolution verdeutlichen und transparent machen. Benutzbar für jedermann ist ab sofort beispielsweise die Akte zur erstmaligen Teilnahme am Tag des offenen Denkmals 1993 oder die zwischen 1990 und 1992 erstellte Konzeption über Standorte für Tankstellen oder das Konzept für die Umgestaltung und künftige Nutzung des Schützenplatzes von 1991.

Für Archivgut, das sich seiner Zweckbestimmung oder seinem wesentlichen Inhalt nach auf eine oder mehrere natürliche Personen bezieht, gelten Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut. Hier gilt es, mittels der Schutzfristen (10 Jahre nach dem Tod der Person oder, wenn dieser nicht feststellbar ist, 100 Jahre nach der Geburt oder, wenn beides nicht bekannt ist, 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen) besonders sensible Daten zu schützen, gleichzeitig aber nach Ablauf der Fristen auch eine Einsichtnahme durch Dritte zu ermöglichen.

Nehmen wir als Beispiel die am 9. Dezember 1923 in Steinschönau (Kamenický Šenov) geborene und am Bautzener Stadttheater tätige Schauspielerin Griseldis Eva Maria von Rohowsky. Für Interessenten, die sich mit der Geschichte des ehemaligen Bautzener Stadttheaters beschäftigen, ist der Einblick in die seit dem 1. Januar 2024 benutzbare Personalakte möglicherweise von Interesse.

Oder nehmen wir einen anderen Fall, in dem eine Fülle von sensiblen, personenbezogenen Daten enthalten ist, der Fall andererseits aber sehr gut die Sorgen und Nöte der Bürgerschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Bautzen widerspiegelt: Es handelt sich um die Beschlagnahme von Mobiliar und Kleidung aus der in der Fabrikstraße gelegenen Wohnung der Familie Riedel durch die sowjetische Kommandantur nach Ende des zweiten Weltkrieges (Best. 63004 Nr. 2746). Walter Riedel wohnte mit seiner Familie seit 1926 in Bautzen und war als Lokführer tätig. Bereits 1933 trat er in die NSDAP und in die SA ein. 1943 wurde Riedel nach Reichenbach im Vogtland versetzt, seine Frau und seine Kinder blieben in Bautzen wohnen. Nach Kriegsende wurde die Wohnung inklusive Mobiliar beschlagnahmt und am 22. Mai 1945 an die ausgebrannte Familie Polenk übergeben. Am 14. November stellte Riedel einen Antrag an das städtische Wohnungsamt auf Überführung seiner Möbel nach Reichenbach, wo er inzwischen gemeinsam mit seiner Frau und den Kindern wohnte, allerdings in ärmlichen Verhältnissen. Der Antrag wurde abgelehnt, auch weil Teile des Mobiliars der Familie wie die Couch, ein Ausziehtisch, Stühle, Schreibtisch, Hocker, Tischlampe, Gardinen und Teppiche für die Übergabe an die russische Kommandantur vorgesehen, andere Teile von der Familie Polenk benutzt worden waren. In der Akte findet sich ein ausführlicher Schriftverkehr von Riedel mit dem Bautzener Wohnungsamt, in dem er die Umstände der Flucht seiner Familie aus Bautzen und auch die dringende Notwendigkeit der Rückgabe des Mobiliars wegen der Krankheit seiner Frau beschreibt. Seine Bemühungen sind im April 1946 erfolgreich, ein Teil seines Mobiliars wird nach Reichenbach überführt. Die Akte dokumentiert sehr eindrücklich die Zeit nach dem Kriegsende im Mai 1945 und gibt einen detaillierten Einblick in die soziale und wirtschaftliche Situation der Bevölkerung.

Damit die genannten Akten überhaupt benutzbar sind, müssen sie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Archivverbundes erschlossen werden. Das heißt, dass Informationen zur Akte (z. Bsp. deren Titel und Laufzeit oder was darin enthalten ist) in die Datenbank eingetragen werden. Von der Datenbank aus erfolgt für alle Akten, die erschlossen und deren Schutzfristen abgelaufen sind, ein Export in das Portal Findbuch.net. Hier können die Angaben zu den Akten dann online recherchiert werden. Die Einsichtnahme in die Akten selbst kann während der Öffnungszeiten kostenfrei im Lesesaal des Archivverbundes erfolgen.

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